Standpunkte im Fokus: Was folgt auf bedienungsfreundliches Design?

18. Januar 2018

Veröffentlicht in:

Webdesign

Anwendungsoptimierung, Datenschutz und Design-Ethik

„User-friendly“ Design, also benutzerfreundliches Design, wurde in der Software-Entwicklung in den späten 1970er Jahren geprägt. Die damaligen in Unternehmen verwendeten Maschinen konnten nur von entsprechend Kundigen mit für den Laien völlig unverständlichen Quellcodes bedient werden. Mit dem Aufkommen des PCs und der Verbreitung der Computer in der Industrie entstand der Bedarf nach anwenderfreundlichen Programmen, die auch von „Nicht-Entwicklern“ bedient werden konnten. Erstmals kamen also auch Überlegungen auf, wie eben ein solcher Anwender durch die Struktur und Gestaltung des Programms unterstützt werden könnte.

Diese Anforderungen haben sich heutzutage aufgrund der technologischen Entwicklungen natürlich noch verschärft. Mit modernen Chips tragen wir heute Handteller große Smartphones als Mini-Computer in unseren Taschen. Besonders diese Innovationen haben das User freundliche und digitale Design von Anwendungen bis zum aktuellen Status quo geprägt. Die Zukunft des Konzepts des mühelosen und fließenden Bedienens durch den Nutzer sorgt aber auch für neue Diskussionen.

Benutzerfreundlichkeit und Datenschutz als neue Herausforderung

Seit der Präsentation des ersten PCs 1977 bis heute hat sich die Technologie in einer damals nicht vorzustellenden Weise weiterentwickelt. Smartphones, Tablets, Laptops und Desktop-PCs sind aus unserer Arbeits- und Lebenswelt nicht mehr wegzudenken. Parallele Entwicklungen, die zwangsläufig mit den Technologien und Innovationen einhergehen, sind für den einfachen Anwender oftmals nicht einsehbar, bekannt oder vermeintlich nicht von Interesse. Heutige Programme, im speziellen Web-Anwendungen, sind darauf zugeschnitten und optimiert, den User-Nutzen und damit die auf die Anwendung verwendete Zeit zu erhöhen, die Daten über die Nutzung zu sammeln und diese wiederum zur Optimierung und Ausweitung der Nutzung einzusetzen.

Die Frage des Datenschutzes liegt auf der Hand. Datenschutz wird weltweit äußerst divers gehandhabt, aber eine Software überall dort benutzt. Aber nicht nur nationale Datenschutzgesetze sind problematisch, sondern die Datenschutzregelungen der Anwendungen selbst. Besonders oft fehlt es an Transparenz und Information darüber, welche persönlichen Daten wann, wie und warum gesammelt und anschließend wo, unter welchen Umständen gespeichert werden.

Schutz der Privatsphäre als neue Disziplin für Web-Designer

Die Themen Datenschutz, Transparenz und Sicherheit werden auch im Zusammenhang mit „Big Data“ nicht an Bedeutung verlieren. Besonders für modernes Web-Design muss dies Berücksichtigung finden. Ein hochwertiges und durchdachtes Web-Design berücksichtigt also im Sinne der Benutzerfreundlichkeit nicht nur ein optisch ansprechendes Design, eine optimale Anwenderoberfläche (UI) sowie eine ganzheitlich positive User Experience (UX). Verfügbare Daten und deren Verwaltung sowie Verwendung muss ebenso zentraler Bestandteil der benutzerfreundlichen Entwicklung von Anwendungen werden.

Datenerhebung und -analyse Teil des Web-Designs

Die strukturierte Datenerhebung und deren Analyse für die Entwicklung und Optimierung von Web-Objekten gehört nach wie vor zu den jüngeren Werkzeugen in der Web-Entwicklung. Auch den Entwicklern unterlaufen noch Fehler und die Lernkurve auf diesem Gebiet hat noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Mittlerweile werden die Informationen, Daten und Analysen immer besser und fokussierter auf besondere Fragestellungen aufbereitet, sodass sie auch für Designer und Entwicklern wesentlich zugänglicher und verwertbarer sind. Dies eröffnet die sehr granularen Beobachtung von Nutzerinteraktionen mit den Funktionen einer Anwendung. Gepaart mit Forschungsergebnissen aus der Verhaltenspsychologie fließen diese Erkenntnisse in die Optimierung und Intensivierung der Anwendungstiefe des Users.

Gerade aktuell immer populärer werdende Tools und Geräte spielen genau in diese Nische hinein, sofern es denn noch als Nische bezeichnet werden kann. „Echo“, der Amazon Lautsprecher mit künstlicher Intelligenz an Bord, bekommt mit dem „Echo Look“ ein sehendes Pendant und auch Google sprach bereits über Pläne, Nutzer auf Anzeichen von Depressionen zu scannen. Auch Vorgehen die Gerätenutzer zu einem bestimmten Verhalten zwingen, um die Tools zu verwenden, gehören mittlerweile zur vermeintlich gängigen sowie unbedenklichen Praxis: der Lautsprecher-Hersteller „Sonos“ eröffnete kürzlich, dass dessen Geräte die Funktion einstellen könnten, sofern Anwender nicht den neuen Datenschutzvereinbarungen zustimmen.

Benutzerfreundliches Design nähert sich für den Außenstehenden immer mehr einer Black Box an: Diese macht es immer einfacher zu konsumieren, aber aufgrund der Datenkomplexität lässt es sich immer schwieriger reproduzieren und kontrollieren.

Herausforderungen des neuen „user-friendly“ Designs angehen

Vor diesen Veränderungen und Entwicklungen in der für Laien oftmals nicht durchdringbaren oder erfassbaren Welt von Software-Entwicklung in- und außerhalb des Webs sollten wir nun nicht zurückschrecken, sondern als Web-Designer und Entwickler müssen wir diesen begegnen. Und das, obwohl zuletzt stets die Maxime galt, alles möglichst unsichtbar und unbemerkt in einer Anwendung zu implementieren, damit eine maximal ungestörte und angenehme Nutzererfahrung entstehen kann. Die Herausforderung für Designer und Entwickler besteht nun diese etablierte Vorgehensweise eben, ohne Verluste hinsichtlich der Nutzerfreundlichkeit umzukehren oder besser gesagt neu zu definieren.

Um Entwickler und Unternehmen bei diesem Prozess hin zu der Herstellung von sicheren und transparenten Online-Anwendungen zu unterstützen, engagieren sich mittlerweile zahlreiche Organisationen und Initiativen. Der Fokus liegt auf der Dokumentation von Best Practices und diese Information an Web-Designer weiterzugeben. Es geht um das möglichst breite Verständnis, das Datenschutz, Transparenz und Sicherheitsfragen in das Aufgabengebiet der Entwicklung und des Anwendungsdesigns fallen. Gemeinsam können diese Fragestellungen als Herausforderungen im Software-Design verstanden werden, die stets elegante aber genauso intelligente Lösungen benötigen.

Ethische Fragen über bedienungsfreundliche Web-Designs

In Teilen der Web-Industrie befassen sich Designer mit ähnlichen Fragestellungen. Inwieweit lassen sich die Ausweitung der Anwendungstiefe und darauf ausgerichtete Optimierungen immer weiter vereinfachen und verbessern, ohne dabei gemeinhin gültige ethische Rahmenbedingungen zu vernachlässigen - ein feiner Grat zwischen optimale Nutzererfahrung und gewinnmaximierenden Unternehmensinteressen! Besonders für Online-Spiele oder Spiele-Apps lässt sich dies leicht nachvollziehen. Spielehersteller möchten dem User eine unterhaltsame und reibungslose Gaming-Erfahrung bieten. Damit verbunden sind natürlich unternehmerische Interessen, dass die Spieler Geld und Zeit in das Spiel investieren. Wie werden nun hier die User-Daten genutzt und verwertet, um die Anwendung daraufhin für die weitergehende, tiefere Nutzung abermals zu verbessern. Bis wohin kommt es einer (an welchen Maßstäben gemessenen) Spielfreude zugute und ab welchem Punkt, wird es bedenklich und vielleicht sogar gesundheitsschädigend?

Aber in diesen Online-Spielen gängige Praxis von ablenkenden und attraktiven Popups hat auch schon Einzug in die digitale Welt abseits des Gamings gefunden. Benachrichtigungen, mit und ohne Ton, gehören sowohl am Smartphone als auch am Desktop-PC zu unserem Alltag: jene Anwendung hat sich aktualisiert, die andere benötigt ein Update, 5 neue E-Mails und nur noch 5 % Akku.

Web-Designer und Entwickler stehen zwischen den Stühlen

Für Web-Designer und Entwickler innerhalb größerer Unternehmen aber auch bei Agenturen, die nun die neue Strömung von benutzerfreundlichem Design und Entwickeln - unter Berücksichtigung von Datenschutz, Transparenz, Sicherheit aber auch Ethik und Verantwortung - unterstützen, stellen sich die Handlungsalternativen nicht sehr weitgefächert dar. Wie sind die noch „traditionellen“ Vorstellungen und Wünsche des Kunden oder gar des Arbeitgebers bezüglich des Anwendungsdesigns mit der eigenen fortschrittlichen Definition und Überzeugung, was unter „gutes Design“ zu verstehen ist, einzubringen? Das Dilemma verschärft sich unter dem Gesichtspunkt, dass das zufriedenstellende Arbeitsergebnis schlussendlich den Gehaltscheck und den Lebensunterhalt des Web-Entwicklers sichert.

Die Entwickler-Community muss sich für die Etablierung der neuen Herangehensweise auf eine Art Codex oder neue Defintion von „user-friendly“ Design einigen. Dies würde ein branchenweites Umdenken beschleunigen und so auch Software-Herstellern neue Perspektiven eröffnen. Dabei geht es vor allem im Kern nicht darum, festzustellen, dass klassisches, auf Nutzungsoptimierung ausgerichtetes User-Design moralisch verwerflich ist. Web-Design und andere Anwendungen, die bei der Entwicklung die oben genannten Punkte als Teil der User Experience berücksichtigen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil sowie Alleinstellungsmerkmal und bieten das nachhaltigere, zukunftsweisende Produkte an.

Zur Zukunft hochwertigen Web-Designs und User Experience

Leitmotiv für Web-Designer, Entwickler und auch Software-Hersteller sollte stets der Gedanke sein, etwas Nützliches und Wertvolles für den User zur Verfügung zu stellen. Ist die Zufriedenheit des Nutzers bei der Interaktion mit der Software eingeschränkt und dieser mit der Benutzung unglücklich, wird er eine andere Lösung finden. Das kann lediglich ein Workaround für ein Problem innerhalb der Anwendung sein, ebenso aber auch die Entscheidung für ein Wettbewerberprodukt. Letztlich kann die ursprüngliche, womöglich aufwendig designte Benutzererfahrung den Anwender nicht überzeugen. Er baut sich seine eigene UX oder belohnt die Mühen der Konkurrenz.

Noch scheinen Web-Designer und Entwickler alleine vor der Aufgabe zu stehen, Datenschutz, Transparenz, Sicherheit und auch moralische Fragen zu bedenken. Allerdings stehen wir erst am Anfang der Veränderungen, welche die neue Strömung innerhalb des bedienungsfreundlichen Designs anstößt. Die technologischen Entwicklungen werden sicherlich noch lange Zeit vom Widerspruch zwischen Unternehmens-, Design- und Verbraucherinteressen begleitet. Eine Sache scheint aber sicher: Transparenter und respektvoller Umgang mit Usern, der dessen Nutzen als zentrales Interesse verfolgt, muss jegliches gutes, digitales Design erreichen, damit es über bloße Gestaltung einer guten User Experience hinausgeht.

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