Jedes Webdesign hat ein eigenes Konzept. Dieses ist wie das schlagende Herz des Designers, dessen Herzblut in dem Projekt steckt; es ist unsichtbar fürs flüchtige Auge des Betrachters, doch wenn es fehlt, besitzt das Designprojekt keine eigene Seele. Zu viele Webseiten werden ohne jegliches Konzept entworfen, und gerade darin unterscheidet sich die kompetente Internetagentur von den Mitbewerbern, die ihre Arbeit nicht ernst nehmen. Ein zentraler Teil des Designs ist die Webseitenkonzeption, sie steht am Anfang des Designs selbst und gibt seine Richtung vor.
Braucht Design eine "Seele"?
Es ist doch "nur" Webdesign, muss gut aussehen und vielleicht noch die Suchmaschinenoptimierung unterstützen und den Kundenkreis ansprechen, der die Webseite wahrscheinlich besuchen wird. All das kann auch eine preiswerte Internetagentur umsetzen. Ist das Design dann fertig, wird man jedoch schnell bemerken, dass ihm etwas fehlt. Bezeichnen kann man es als das gewisse Etwas, das je ne sais quoi; der erfahrene Designer bezeichnet dieses Element auch als das Konzept. Designs müssen zu dem Projekt passen, für das sie stehen, andernfalls haben sie keinerlei Bedeutung und dienen lediglich dazu, dass der Webcontent nicht auf nacktem, weißem Hintergrund erscheint. Ein stimmiges Konzept sorgt dafür, dass die Corporate Identity, das Firmenlogo, der visuelle Geist des Projektes wie von alleine entstehen, denn sie sind nun vorgegeben. Michelangelo sagte einmal, als er nach dem Konzept hinter seinem David gefragt wurde, David sei bereits im Carrara-Marmorblock gewesen und er habe nur noch herausgearbeitet werden müssen. Die konzeptionierte Webseite ist ähnlich wie der Marmorblock die Grundlage, auf deren Basis der Webdesigner fortschreiten kann; von hier aus braucht er nur noch den metaphorischen Meißel, in diesem Fall Grafiktablett und Grafikprogramm, und kann aus dem Konzept herausarbeiten, was in ihm steckt.
Ein guter Webdesigner folgt einem Drei-Punkte-Plan bei der Konzeptionierung seiner Designprojekte. Einer oder mehrere dieser Kanäle zusammengenommen werden ergeben, was der Designer braucht, um ein fertiges Konzept liefern zu können.
Möglichkeit 1: Brainstorming
Im Briefing des Kunden tauchen Begriffe aus, aus denen der Webdesigner schlau werden soll, die ihn zu einem Designkonzept inspirieren und ein Gesamtkonzept vor seinem inneren Auge entstehen lassen sollen. Mal handelt es sich um ein frisches, junges Design im Stil von Web 2.0, mal aber auch um ein seriöses, minimalistisches und zurückhaltendes, ernsthaftes Konzept. All diese Begriffe sind nett, aber was stellt der Designer mit ihnen an? Zunächst geht es ans Brainstorming, dieses kann entweder im Team oder alleine mit der Suchmaschine durchgeführt werden.
- Designer-Teamwork: Jeder beteiligte Designer eröffnet dem Team seine visuellen Vorstellungen der Schlagworte und es werden gemeinsam die ersten Konzepte und Entwürfe ausgearbeitet, zentrale Bilder beschlossen und Elemente integriert; der beste Weg für Synergie-Effekte
- Inspiration aus der Suchmaschine: Was ergibt eine erste Bildersuche nach den Schlagworten des Kunden? Welche Gegenstände, Objekte, Gefühle, Elemente werden mit diesem Begriff assoziiert? Welche davon erhalten Einzug in das Designkonzept und welche Kombinationen lassen sich daraus entwickeln?
Möglichkeit 2: Gute Künstler kopieren, geniale Künstler klauen
Bereits Pablo Picasso wusste, dass der geniale Künstler seine Ideen nicht ganz alleine entwickelt. Er macht es schlau, er klaut sie sich von anderen, die bereits geniale Konzepte auf die Beine gestellt haben - und er macht sie anschließend zu seinen eigenen Werken. Ein Designkonzept kopieren kann jeder, der sich mit dem Grafikprogramm auskennt und nachvollziehen kann, wie eine gelungene Webseite entstanden sein könnte. Das aber ergibt noch kein Konzept mit echtem Wiedererkennungswert und mit wahrem Charakter. Hätte der Kunde beispielsweise eine Webseite gefordert, die sich mit dem Thema "moderne Architektur" befasst, aber nicht die Klischees minimalistischer, quadratförmiger Neubauhäuser aufgreifen soll und wie jede andere Seite aus diesem Umfeld aussehen darf, dann wird es bereits schwierig und die Relevanz bestehender Ideen und genialer Konzepte wird deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Form und des Layouts einer solchen Webseite kann man sich an der modernen Architektur orientieren und zunächst verstehen, welche Konzepte hinter den blockförmigen Häusern stecken, die die moderne Architektur ausmachen. Es sind die klaren Linien, die Kombination von Farben wie Grau und Rot, die großen Fenster - Möglichkeiten gibt es viele. Wie aber können sie ins Designkonzept der Seite einfließen? Mit dem Konzept klarer Linien beispielsweise kann der Webdesigner schon sehr viel mehr anfangen und eine Seite entwickeln, die sich wirklich von der Konkurrenz abhebt, nicht klischeehaft wirkt und aussagt, dass hinter dem Projekt ein echtes Konzept steckt.
Möglichkeit 3: Botschaften dürfen verschlüsselt werden
Verschlüsselung ist in der IT-Sicherheit das A und O der Sicherheit, im Designbereich ist es Mittel und Werkzeug. Gute Designkonzepte sprechen für sich, auch wenn die wenigsten Menschen ihre Botschaft kennen. Wer weiß beispielsweise, dass der charakteristische Mercedes-Stern für die Herrschaft über Luft, Land und Wasser steht? Die wenigsten. Und wer stellt sich zu dem Stern seine ganz eigene Bedeutung vor, sei es der Glanz eines neuen Mercedes oder die Prestige, die ein solches Fahrzeug mit sich bringt? Nahezu jeder. Design-Konzepte, die wirklich gelungen sind - was man von den Bildmarken großer Namen fast durchgängig behaupten kann -, lassen dem Betrachter Intepretationsfreiraum und haben durchaus eine komplexe Hintergrundgeschichte, die man aber nicht kennen muss. Wieder kann das gewisse je ne sais quoi ins Spiel gebracht werden, denn der Mercedes-Stern entfaltet auch ohne die Kenntnis seiner Bedeutung eine Wirkung, die nicht verborgen bleibt. Das Konzept scheint durch und steht für die Marke, gibt ihr ein Gesicht und ein visuelles Merkmal der Identifikation - und die ist auch für jedes Webprojekt wichtig. Ohne dieses durchscheinende Konzept, so komplex und undurchschaubar es auch sein mag, entwickelt die Seite keine Eigendynamik und wird immer nur eine von vielen bleiben. Die Kritik, dass das Konzept nicht durchschaubar sei, wird man dabei natürlich häufig zu hören bekommen, aber ausnahmsweise ist dies ein Punkt, den man getrost ignorieren kann, wenn dafür das Designkonzept ankommt und der Betrachter das Gefühl hat, dass irgendetwas schon dahinterstecken wird, eine ganz eigene Art von Anziehung, die das Interesse weckt.
Woher nehmen Webdesigner eigentlich ihre Inspiration?
Webdesigner sind kreative Köpfe, sie sind moderne Künstler, IT-Genies und Dienstleister im Gesamtpaket. Als solche brauchen sie nicht nur unternehmerisches Geschick, sondern vor allem eins: Inspiration. Und die ist in jeder Kunst Mangelware. Hat der Webdesigner wieder einmal ein geniales Konzept mit stimmiger Designvorlage und -umsetzung hervorgebracht, fragt sich der Kunde natürlich gerne, woher eigentlich die Inspiration für das Konzept stammt. Quellen gibt es verschiedene, und die kann auch der Kunde selbst nutzen, wenn er das Designerbriefing erstellt und Einfluss darauf nehmen möchte, was der Webdesigner aus seinen Ideen und Vorstellungen macht.
- Architektur: Gebäude sind Webseiten gar nicht so unähnlich. Sie haben einen Rahmen und einen inneren Bereich, sind aufgeteilt, wie es eine Webseite ebenfalls sein könnte.
- Werbung: Printmedien in Zeitschriften, Plakate, Flyer, TV-Werbung - alles, was nicht aus dem Internet stammt, folgt dennoch den gängigen Designregeln und kann ähnlich wie ein Webprojekt aufgebaut sein oder Richtungen für innovative, neue Webkonzepte vorgeben.
- Fremde Designkonzepte: Wie haben andere Designer die Anforderungen ihrer Kunde umgesetzt? Viele Designer sehen sich regelmäßig Top-Designs der Konkurrenz an und orientieren sich à la Picasso am Genie anderer genialer Geister; denn neu erfunden werden muss das Rad selbst im Webdesign nicht.